Jetzt wird’s ernst: der Kemptener Masterplan 2050 wird an die Klimaziele von Paris angepasst (siehe News-Beitrag „Aus Masterplan 2050 wird Klimaplan 2035“). Am Montag, 15.11.2021 stellten Thomas Weiß (Klimaschutzmanager der Stadt KE) und Petra Hausmann (eza!) im Klimaschutzbeirat den ersten Teil der Maßnahmen vor, die Kempten auf den 1,5 Grad-Pfad bringen sollen. Doch gleich der erste Maßnahmen-Vorschlag löste eine heiße Diskussion aus. Er sieht vor, dass in Neubaugebieten künftig höchste Energieeffizienz (KfW 40 oder besser), nachhaltige Energieversorgung und ökologische Baustoffe als Standards gelten sollen.

Herbert Singer, Geschäftsführer der Sozialbau, leistete heftigen Widerstand: Der Standard KfW 55 sei „annähernd genauso effizient“. Der bessere Standard KfW 40 koste jedoch etwa 20.000 € mehr pro Wohneinheit. Singer warnte vor steigenden Mietpreisen und appellierte an das Gremium, seiner jahrzehntelangen Erfahrung zu vertrauen: „Schreiben Sie uns nicht vor, wie wir bauen sollen!“ Es gebe bereits genügend gesetzliche Vorgaben, so Singer.

Doch laut Petra Hausmann gibt es ausreichend Praxisbeispiele, die zeigen, dass die besseren Standards durchaus bezahlbar sind. Bei einem größeren Bauprojekt in Vorarlberg entstanden gerade einmal 3,5 % höhere Kosten. Zudem laufen die Förderungen für KfW 55 aus. Hausmann stellte klar: die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen reichen nicht aus, um bis 2035 Klimaneutralität in Kempten zu erreichen!

Ideal ist es nicht, dass im Klimaschutzbeirat kein neutraler Experte für nachhaltiges Bauen vertreten ist. So dominierte Herrn Singers Sichtweise die Diskussion, trotz der konstruktiv-verbindlichen Moderation der Vorsitzenden Gerti Epple. Der Punkt wurde nun vertagt und soll in kleinem Kreise weiter besprochen werden – wenig zufriedenstellend für „Otto Normalbürger“: Man würde sich eine fachlich fundierte, zukunftsorientierte und vor allem transparente Entscheidungsfindung wünschen, die sich nicht an betriebswirtschaftlichen Fragen aufhängt, sondern alle Möglichkeiten ausschöpft, um die Klimaziele zu erreichen. Immerhin: Über die anderen vorgestellten Maßnahmen herrschte im Gremium weitgehend Konsens. Diese sind:

Handlungsfeld 1: Maßnahmen nachhaltige Entwicklungsplanung

  • Vorgaben für klimaneutrale Neubaugebiete (s.o.)
  • Erhöhung der Sanierungsrate bei Altbauten
  • CO2-neutrale Quartiere
  • „Kubaturbonus“ bei Aufstockung von Gebäuden (nur im Einzelfall genehmigungsfähig)
  • Aktualisierung der Stellplatzsatzung (evtl. quartiersbezogene Konzepte)
  • Minimierung des Flächenverbrauchs
  • Stadtgrüngesamtplan (Schaffung von Grünflächen, Freiflächengestaltungssatzung, Fassaden-/Dachbegrünung, Gestaltungskonzept für städtische Grünflächen, Biotop-Strukturkonzept, Baumschutzsatzung, Öffentlichkeitsarbeit)
  • regelmäßige Treibhausgasbilanz (wird bereits seit 2009 alle drei Jahre gemacht)
  • Kompensation von unvermeidbaren Emissionen

Handlungsfeld 2: Kommunale Liegenschaften

  • Ausbau erneuerbarer Wärmeversorgung städtischer Liegenschaften
  • Sanierung, Energieversorgung und nachhaltige Bewirtschaftung städtischer Liegenschaften
  • Ausbau Solarstromerzeugung auf städtischen Dächern + Fassaden-PV
  • Bewusstseinsbildung für Mitarbeiter (Schulungsangebot, Ideenwettbewerbe,…)

Weitere Maßnahmen werden in den kommenden Sitzungen des Klimaschutzbeirats vorgestellt.